Gab es eine Ottonische Ostpolitik, die die Kiewer Rus’ im Blickfeld hatte?
In der deutschen Historiographie des 20. Jh. wurde die Grundgedanke entwickelt, dass die Ottonen führten weiter die christliche Politik Karls den Großen bei der Taufe der germanischen und slawischen Stämmen mit Evangelium und dem Schwert im Osten bis Dneper. Aus der Daten der Magdeburger Metropolitankirche folgt aber dass von 968 bis 1000 politische und kirchlichen Grenzen lagen fest an der Elbe und Saale mit Ausnahme Pozenerbistum jenseits der Oder.
Die Regentin der Rus’ Olga (sie beabsichtigte gerade im eigenem Staat Christentum zu gründen) im Herbst 959 begab sich auf die Reise nach Frankfurt, und wurde zuerst sachlich vom Mainzer Erzbischof Wilhelm (Reichskanzler und vollmächtige Vertreter unter dem Papst Johannes XII.) empfangen. Während der Gesprechen mit aus Italien eingetroffenen Otto hat Olga begriffen, dass dieser hervorragende Herrscher ernst zur Stellung eines Machthabers des Reiches und der Kirche sich bereitet (gekrönt im Rom am 2. Februar 962). Russische Königin verstand, dass so lange ihre Sohn Swiatoslaw wünschte nicht Christ zu sein Bysanz hat alle Gründe zu versagen einen Bischof in Kiew zu setzen. Otto I. schlug unterdessen nach Kiew eine normannische Mission abkommandieren vor. Er beauftragte dazu ermächtigten Erzbischof von Bremen und Hamburg Adaldag, der sorgte über die Missionen in noch heidnischen Skandinavien. Zum Bischof gesegnete Mönch Adalbert erreichte Kiew im Sommer 961. Etwa zu dieser Zeit 21-jähriger Swiatoslaw die Regentschaft seiner Mutter aufhebte. Zwangweise nach Rus’ gesandte Adalbert, ohne üblichen Schutz vernehmend dazu einige Verspottungen, z.B. christliche Glaube als “isrodstvo” (Torheit), genennt wird, kehrte mit seinen Mönchen heim. Nach 968 als Adalbert zum Magdeburger Erzbischof wurde, in Continuatio Reginonis (wahrscheinlich auch der Verfasser dieser Chronik), hat ohne Begründung Olga in der Heuchelei belastet.
Otto II. (973–983) versuchte südliche Italien ohne Ergebnis in römisches Reich einschließen. Seine Witwe, die Kaiserin Theophanu (†991) betreibte gedeihlich mit der Staatspolitik und die Erziehing und Bildung seiner Sohns (Otto III., 983–1002), sorgte auch über sachsischen Slawen nach ihrigen Niederschlagung des Aufstandes 983. Aber das Verknüpfen diesen sachsischen Slawen mit Ostslawen ist völlig grundlos. Die Blutverwandtschaft und Verbindungen der Kaiserin Theophanu mit purpurgeborenen Wladimirs Gemahlin Anna ergaben sich irrtümlich.
Otto III. mit seinem Gelehrtenkreis samt Gerbert (künftige Papst Silvester II., 999–1003) an der Spitze, die beschäftigten sich mit dem Aufbau universalen christlichen Weltreich (renovatio imperii), fanden auch notwendig eine byzantinische, purpurgeborene Gemahlin für römischen Weltkaiser zu erachten. Aber einige Schriftstücke datierten auf 990, erwiesen sich als Moskauer Imitation aus der Regierungszeit von Iwan III. und seinen Sohn Wassili III.
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